Achtsame Corona-Supportpost - Teil 1

Wir alle erleben gerade sehr herausfordernde Zeiten, die mit einiger Unsicherheit und bei vielen von uns bestimmt auch mit Sorgen und oder Angst einhergehen.

Gerade jetzt sind deshalb die Qualitäten, die wir in der Achtsamkeitspraxis entwicklen und verfeinern möchten, von größter Bedeutung! Ich denke da an die inneren Haltungen von Akzeptanz, Gelassenheit, Geduld, Mitgefühl, Vertrauen, Nicht-Urteilen, Lolassen,... die uns dabei unterstützen können, auch in schwierigen Phasen ein gewisses Maß an Ruhe, Stabilität und vielleicht sogar Zuversicht aufrecht zu erhalten.

 

Deswegen möchte ich in der kommenden Zeit hier immer wieder einige Anregungen für Übungen posten, die uns alle dabei unterstützen sollen, gut durch die nächsten Wochen zu kommen - und wenn wir all das hinter uns haben, einen mutigen Neustart unseres Alltags zu wagen, der im Idealfall auch mit positiven gesellschaftlichen Veränderungen einhergeht.

Die Fotos, die ich den Beiträgen hinzufügen werde, stehen nicht unbedingt in Zusammenhang mit den Übungen sondern dienen einfach dem Zweck, Auge und Herz zu erfreuen. :)

 

Einführend möchte ich mit ein paar Grundlagen beginnen, die zu einem besseren Verständnis der vielfältigen emotionalen Vorgänge in uns Menschen beitragen können und die verdeutlichen, warum es besonders in der momentanen Lage angebracht ist, (noch mehr) Achtsamkeit zu entwickeln.

 

Angst ist eine ganz natürliche menschliche Reaktion auf ungewisse Situationen, insbesondere wenn diese mit einem (ungreifbaren) Bedrohungspotenzial einhergehen, wie es in der momentanen weltweiten Corona-Krise der Fall ist: unsere Gehirne schalten auf Alarmmodus und wir befinden uns in einem Zustand von Unruhe, Anspannung, Stress – unser Bedrohungs- oder Vermeidungssystem, das für unseren Selbstschutz zuständig ist, ist aktiv.

 

Dies ist eines von drei grundlegenden emotionalen Regulationssystemen, die ich an dieser Stelle nur  ganz kurz skizzieren und auf die ich später in dieser  Serie an „Support-Postings“ zurückkommen möchte, weil sie eine Schlüsselrolle im Verständnis unserer Verhaltensweisen und Reaktionen spielen. Wenn wir ansatzweise verstehen, wie diese Mechanismen unseres Gehirns funktionieren, fällt es uns leichter, kluge Entscheidungen zu treffen und mit Schwierigkeiten jeder Art geschickter umzugehen.

 

(In der Literatur werden für diese drei „Betriebssysteme“ unterschiedliche Bezeichnungen verwendet. Der Klarheit und begrifflichen Konsistenz wegen werde ich mich hier zukünftig am Wording und insgesamt der Arbeit von Rick Hanson orientieren, der vom Vermeidungs-, Belohnungs- und Bindungs- bzw. Sicherheitssystem spricht).

 

Es ist also völlig natürlich und nachvollziehbar, dass die Situation, die wir derzeit erleben, unser Vermeidungssystem aktiviert und wir vermehrt Stress erleben.

Die gute Nachricht: wir sind dem nicht hilflos ausgeliefert, sondern können lernen, bewusst und aktiv aus der Stressreaktion auszusteigen und vom Bedrohungssystem ins Bindungs- und Sicherheitssystem zu wechseln (und ich finde, das war noch nie wichtiger als jetzt).

 

Wie der Name schon sagt, ermöglicht uns das Bindungs- und Sicherheitssystem (sogar inmitten einer ungewissen und verunsichernden Lage!) Gefühle von Sicherheit, Zugehörigkeit, Wärme, Mitgefühl und Vertrauen entstehen zu lassen. Das schafft einen gesunden Ausgleich zur Stressreaktion, die ohnehin immer wieder von selbst anspringt (weil es nun mal die Aufgabe unseres Vermeidungssystems ist, uns vor Gefahren zu schützen) und ermöglicht es unserem gesamten Organismus, sich zu erholen und neu zu kalibrieren.

Unser System wechselt damit also vom roten in den grünen Bereich (man kann sich das z.B. so vorstellen, wie den Drehzahlmesser im Auto).

 

Ich denke, damit wird auch klar, weshalb es wichtig ist, immer wieder bewusst aus dem roten Bereich auszusteigen und absichtsvoll in den grünen zu wechseln: wenn wir zu lange und/oder zu oft im roten Bereich unterwegs sind, richtet das früher oder später großen Schaden an. Permanente Ausschüttung von Stresshormonen und alle damit einhergehenden physiologischen und psychischen Prozesse führen irgendwann zu massiven gesundheitlichen Belastungen - und nachdem (Dauer-) Stress wie alle Emotionen auch „ansteckend“ ist, strapaziert dies auch unsere Beziehungen.

 

Gerade jetzt brauchen wir aber alle ein größtmögliches Maß an Zugehörigkeit, Verbundenheit, Sicherheit und inneren Frieden, damit wir selbst hoffentlich gesund bleiben, mit den Menschen in unserer Umgebung gut zurechtkommen und vielleicht sogar anderen helfen können, die kommenden Wochen so gut wie möglich zu verbringen.

 

Wie können wir das machen?

Indem wir

1. immer wieder in uns hineinspüren und bemerken, welches unserer Systeme gerade aktiviert ist

2. uns selbst die Erlaubnis geben, alle Gefühle, Gedanken und Körperempfindungen, die damit einhergehen, bedingungslos anzuerkennen (auch wenn wir sie vielleicht nicht mögen) und

3. im nächsten Schritt entscheiden, wie wir geschickt mit unserer momentanen Stimmung umgehen möchten („Einfach nur“ damit sein? Oder vielleicht etwas tun? Wenn ja, was?)

 

Ganz konkrete Impulse und Übungsanleitungen folgen in den nächsten Tagen – spätestens heute Abend stell ich euch die Verankerungsübung vor, die mir momentan am meisten hilft.

 

Jetzt brauch ich aber mal etwas Bildschirm- und Social Media-Abstand, deshalb setz ich mich mit einem Tee in die Sonne und freu mich am erwachenden Frühling.

 

Bis später!

 

<3